Du weißt, dass Du zu lange in Hamburg bist....

Die Japanologen unter euch kennen vielleicht die nette, mittlerweile meterlange Liste, die schon ziemlich lange im Netz kursiert, und eine Aufzählung von Dingen enthält, die einem sagen, dass man schon zu lange in Japan ist. (You know you've been in Japan too long..., mittlerweile gibt's sogar ein ganzes Buch zu dem Thema!)
Leo und ich sind jetzt schon zwei Jahre in Hamburg. Höchste Zeit, eine ebensolche Liste für Hamburg zusammenzustellen. Vorschläge anderer Wahl-, Pflicht- und eingeborenen Hamburger sowie von Daheimgebliebenen, die sich über unsere neuen, seltsamen Angewohnheiten wundern, sind jederzeit willkommen.

Du weißt, dass Du zu lange in Hamburg bist, wenn...

... Du morgens verkündest "Ich gehe Semmeln holen", vier Stockwerke tiefer und drei Schritte weiter in der Bäckerei "Fünf Brötchen, bitte" sagst, und beim Heimkommen freudig rufst "Ich habe Semmeln mitgebracht!", ohne Dir des Sprachwechsels im mindesten bewusst zu sein.

... Du jeden Anrufer aus dem Süden in den Wahnsinn treibst, weil Du jedes Mal, wenn sich derjenige mit Namen gemeldet hat, fragst "Hi, hier ist Tanja, na?", als hättet ihr gerade über etwas gesprochen, das er noch beantworten müsste.

... Du nicht mehr im vorbeigehen nach der Alsterfontäne schaust, um zu sehen, ob sie an windstillen Tagen tatsächlich 60m hoch wird, weil Du genau weißt, dass es windstille Tage in Hamburg nicht gibt.

...Du von einem Passanten nach dem Weg zur Sievekingsalle gefragt wirst, und ohne zu zögern antworten kannst: Gehen Sie den Sievekingdamm runter, bis Sie zu Sievekingsplatz kommen. Von da aus zweit als erstes der Sievekingweg ab, den nehmen Sie aber nicht, sondern gehen Sie durch die Sievekinggasse, biegen dann in die Sievekingstraße ab, und kurz nach der Sievekingchaussee kommt dann die Sievekingsalle. ("Sieveking-" dabei auch austauschbar gegen "Hoheluft-", "Lokstedter-", "Grindel-" uvm.)

...wenn Du sagst: "Frühstück ist gleich fertich. Sag mal, ist noch Honich übrich? Nicht? Lustich, ich hab doch neulich erst welchen gekauft", und dann kurz innehältst und nachdenkst, ob man ‚neulich' mit g am Ende schreibt.

...wenn Dich ein Auswärtiger mit Moin moin begrüßt, und Du kurz verächtlich die Nase rümpfst, um ihm dann mit einem langgezogenen Moinsen Aldä zu demonstrieren, wie man das in Hamburg richtig sagt.

...wenn Du endlich einen Friseur gefunden hast, der Dich versteht (ist mir noch nicht passiert).

...wenn Du am Montag Morgen im Büro auf die Frage "Na, wie war Dein Wochenende?" antwortest: "Oh toll, wir waren im Kino, den Film müßt ihr euch unbedingt anschauen, und am Sonntag haben wir ein paar Freunde getroffen, das war total nett, und außerdem haben wir blablabla usw., und wie war Deins?", und dann auf die knappe Antwort "Ach ja, auch nett." nicht mit Besorgnis reagierst, weil Du weißt, dass diese vier Worte auf hamburgerisch in etwa die selbe Begeisterung ausdrücken wie Dein eigener Wortschwall.

... wenn Du nicht mal mehr eine kurze Überwindungsphase brauchst, bevor du am Telefon "Guten Tag" rausbringst, anstatt Dich mit "Grüß Gott" zu melden! (von Anke, die lange in Brem'm gelebt hat)

...wenn Du Dich von jedem, egal ob guter Freund, Chef, Bundeskanzler oder Papst, mit "Tschüß" verabschiedest, und dabei das Ü schön in die Länge ziehst, als wärt ihr schon zusammen in den Kindergarten gegangen.

... Du Dir jedes Mal auf die Zunge beißt, um Dich am Telefon nicht mit "hier ist die Tanja, kann ich den Leo sprechen" zu melden, sondern mit "hier ist Tanja, kann ich Leo sprechen", als würdest Du diesen Satz schreiben statt zu sprechen.